17. Dezember 2015

Karatedo Geschichte

113px-Karatedo.svgEinführung

Die Ursprünge und Entwicklung des Karatedō sind historisch nicht belegt und schwer nachweisbar. Man nimmt heute allgemein an, dass “der Weg der Leeren Hand“ aus einer Kampfmethode Okinawas, „Te“ („Hand“) genannt, entstanden ist und stark durch die chinesische Kampfkunst „chuan-fa“ (jap. „kempo“) und evtl. auch anderen Systemen beeinflusst wurde. Zum Import chinesischer Kampfkünste kam es vor allem durch die intensiven Beziehungen des damals unabhängigen Königreichs Okinawa zu China im 14.Jh. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch andere Kampfsysteme das Karate beeinflussten, da Okinawa zu dieser Zeit Handelsbeziehungen zu Korea, Japan und bis in den südostasiatischen Raum unterhielt.
Nach heutigem Stand gelten die Begriffe wie „Faust“ oder „schlagen“ in den 1721 erstmals veröffentlichten Aufzeichnungen des chinesischen Gesandten Hsü Pao-kuang, als erster schriftlicher Hinweis für die mögliche Existenz einer Kampfkunst mit leeren Händen auf Okinawa. In den „Aufzeichnungen der Grossen Insel“ von Tobe Yoshihiro aus dem Jahre 1762 ist zum ersten Mal nachweisbar von einer waffenlosen Kampfkunst die Rede[1].
Die erste bekannte Erwähnung der Bezeichnung „karate“ (oder „tōde“) mit der Bedeutung „Chinesische Hand“, stammt aus dem Jahre 1867 aus einer Programmschrift verschiedener Kunst-, Theater und Kampfkunstausführungen in Okinawa.
Karate in der heute üblichen Bedeutung von „Leere Hand“ wird erstmals in der Abhandlung über das „Handgemenge der Leeren Hand“ („Karate kumite“) von Hanashiro Chōmo aus dem Jahre 1905 erwähnt, kam aber erst im Verlauf der dreissiger Jahre in allgemeinen Gebrauch. Gichin Funakoshi soll 1926 erstmals den Begriff „Weg der Leeren Hand“ („karatedō“) benutzt haben.

Chuan-fa

Der Legende nach hat der buddhistische Mönch Bodhidharma (jap. „Daruma“) im Kloster Shaolin die Grundlage für die chinesischen Kampfkünste gelegte.  Es gibt aber keine schriftlichen Belege dafür und Historiker bezweifeln heute die Glaubwürdigk dieser Legende und sogar die Existenz von Bodhidharma.
Quellen, die aber lange nach dem Tod Bodhidharmas geschrieben wurden, geben an, dass er etwa um das Jahr 440 in Kanchi der Hauptstadt des südindischen Königreichs Pavalla geboren wurde. Er war der dritte Sohn von König Simbhavarman und als gebürtiger Brahmane wahrscheinlich in der Kampfkunst Vajramushti ausgebildet. Über den Seeweg erreichte Bodhidharma etwa um 475 Südchina und lehrte gegen Ende des 5.Jh. im neu errichteten Kloster Shaolin. Shaolin wurde später für seine Kampfmönche bekannt und diese Kampfkunst wird deshalb auch Bodhidharma zugeschrieben. Von Indien stammend hat er seine Schüler sicherlich in einer Form von Yoga unterrichtet, es gibt aber keine frühen Aufzeichnungen, die ihn als Lehrer irgendeiner Kampfkunst oder damit verbundenen Körperübungen darstellen. Es scheint jedoch glaubwürdig, dass er die Mönche auch seine in Indien erlernten Kampftechniken lehrte.
Trotz den vielen historischen Unklarheiten und sich teils widersprechenden Legenden, wird Bodhidharma allgemein noch immer als Begründer des Shaolin Chuan-fa (auch „Wushu“ oder „Kungfu“ genannt) und des Zen (chin. „chan“) in China angesehen.

Okinawa

Das Karate wie wir es heute kennen, entwickelte sich auf der Inselkette Ryūkyū ca. 600 km südlich der japanischen Hauptinseln im südchinesischen Meer, hauptsächlich auf der Hauptinsel Okinawa. Bereits bevor das Königreich Ryūkyū regen Handelskontakt mit China unterhielt und mit deren Kampftechniken in Kontakt kam, kannten die Krieger Okinawas neben dem Umgang mit dem Schwert, dem Speer, Pfeil und Bogen und dem Reiterkampf eine einfache Form von unbewaffnetem Nahkampf, welche Arm- und Beinschläge und grundlegende Griff und Befreiungstechniken enthielt.
1393 wurde auf Okinawa im Dorf Kume bei der Stadt Naha eine chinesische Mission eingerichtet. Die Immigranten werden heute als die „36 Familien“ bezeichnet. Diese Familien waren für die Steuerung der Tribut- und Handelsbeziehungen Chinas mit Ryūkyū verantwortlich. Kume wurde als Okinawas Fenster zur chinesischen Kultur bezeichnet und junge Okinawaer lernten dort die chinesische Sprache zu sprechen und schreiben, die guten Schüler durften sogar in die grossen Städte Chinas studieren gehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass gemeinsam mit den chinesischen Handwerken auch die Kampfkunst durch die „36 Familien“ eingeführt wurden.
In der Zeit in der Okinawa durch Tributzahlungen mit dem Chinesischen Reich verbunden war, machten Austauschstudenten (jap. „Uchinanchu ryugakusei“) ausgedehnte Reisen in die verschiedensten Gegenden Chinas, um auf verschiedenen Gebieten ausgebildet zu werden. Wahrscheinlich haben einige dieser Studenten in China auch das Kenpo gelernt und in ihr Heimatland zurückgebracht.
Ein weiterer wichtiger kultureller Einfluss übten die Gesandten des chinesischen Kaisers (jap. „Sapposhi“) aus. Die Sapposhi reisten bis in die entlegensten Gegenden des Chinesischen Einflussgebietes, verbreiteten wichtige Mitteilungen und brachten dem Kaiser Lageberichte zurück. Die Gesandten wurden typischerweise von einem Tross aus vier- bis fünfhundert Leuten begleitet, darunter verschiedene Fachleute, Händler und Sicherheitsexperten. Diese Spezialisten könnten ebenfalls ihre Künste eingeführt und die Einheimischen, welche die chinesische Kampfkunst studierten, während ihrer Zeit in Okinawa unterstützt haben.

Geheime Entwicklung

Mit der zunehmenden Beschäftigung der Bürger mit den Kampftechniken stiegen auch die Anzahl Aufstände und regionalen Machtkämpfe, als Konsequenz wurde auch für die lokalen Gesetzeshüter (Beamte der „pechin“ („Samurai“) Klasse) das chinesische Kampfsystem eingeführt.
1507 verbot der Herrscher Shō Shin erstmals den Privatbesitz von Waffen im Königreich Ryūkyū, was sicherlich zur wachsenden Beliebtheit des Waffenlosen Kampfsystems beitrug. Mit der Japanischen Invasion durch Shimazu Yoshihisa, Anführer des Satsuma Clans, 1609, wurde das Waffenverbot sogar noch verstärkt. Der Clan der Satsuma kontrollierte Ryūkyū bis 1879 als König Shō Tai abdankte und die Inseln offizielle Teil des Japanischen Reiches wurden.
Während der 270 jährigen militärischen Besatzung Okinawas entwickelten sich die vielseitigen Kampftraditionen recht zufällig und im geheimen, weil wegen der tödlichen Wirkung dieser Kampfkunst auch das Lehren dieser Methoden von den Japanern streng verboten wurde. Für lange Zeit war deshalb die Kenntnisse des Te auf kleine elitäre Schulen oder einzelne Familien beschränkt. Einige wendeten die Prinzipien der Selbstverteidigung auf eine Vielzahl von Alltagsgegenständen an, woraus schliesslich das Kobudō entstand. Aus Geheimhaltungsgründen und da die Kunst des Schreibens unter der Bevölkerung kaum verbreitet war, wurden keinerlei schriftliche Aufzeichnungen angefertigt, sondern man verliess sich auf die mündliche Überlieferung und die direkte Weitergabe. Zu diesem Zweck begann man die zu lehrenden Techniken in zusammenhängende Einheiten zu festgelegten Abläufen und Formen zu bündeln. So entwickelten sich die Kata des Okinawa-te und wurden zum hauptsächlichen Medium der Tradition des Karate.

Japanischer Einfluss

Während der Bestatzungszeit reisten auch einige Peichin von Okinawa, in die Hauptstadt des Satsuma Reiches. Offenbar sind einige von ihnen dort auch in der (Schwert)Kampfmethode der Satsuma Samurais, dem „Jigen-ryu ken-jutsu“ ausgebildet worden und diese haben wohl auch später bei ihrer Rückkehr die ursprünglichen Kampfmethoden Okinawas beeinflusst.

Unter diesen Peichin befanden sich auch Tode Sakugawa Chikudun Pechin Kanga (1762-1843) und Matsumura Chikudun Pechin Sokon (1798-1890) die als eigentliche Urväter des Karate gelten. Matsumura lernte zuerst die einheimische Okinawa Kampfmethode unter Tode Sakugawa und studierte später, während er als Sicherheitsbeamter für drei aufeinander folgende Ryūkyū Könige diente, in Fujian (China) und auch Satsuma (Japan). Er erhielt die Lehrerlaubnis (jap. „menkyo“) im Jigen-ryu ken-jutsu und ist hauptverantwortlich für die Synthese der einzigartigen Lehrmethode des Jigen-ryu in die Okinawa Kampftradition. Dadurch legte Matsumurua den Grundstein für eine vielseitige Selbstverteidigungsmethode, welche im und um das Burgquartier von Shuri entstand und später (1927) unter dem Namen Shuri-te oder Shorin-ryu bekannt wurde. Nach seiner Entlassung aus dem öffentlichen Dienst war Matsumura einer der ersten der in Shuri seine Selbstverteidigungsprinzipien lehrte. Unter seinen Schülern waren Azato Anko (1827-1906), Itosu Anko (1832-1915), „Bushi“ Ishimine (1835-1889), Kiyuna Pechin (1845-1920), Sakihara Pechin (1833-1918), Matsumura Nabe (1850-1930), Tawada Pechin (1851-1907), Kuwae Ryosei (1858-1939), Yabu Kentsu (1866-1937), Funakoshi Gichin (1868-1957), Hanashiro Chomo (1869-1945) und Kyan Chotoku (1870-1945), die alle einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Karate hatten.

Die Satsuma Periode war eine Periode grossen Wachstums und Entwicklung sowohl für das Okinawa Karatedō als auch das Kobudō. Der grundlegende Charakter und die Form dieser Kampftradition wandelte sich jedoch noch viel radikaler als Okinawa Teil von Japan mit seiner stolzen Kriegertradition wurde.

Meijin Ära

Nach der Aufhebung des Tokugawa Shogunates 1868 übergab die Meiji Restaurierung Japan vom Feudalismus zur „Demokratie“. Von da an verschwand die Klassenstruktur und die Samuraipraktiken Schwerter zu tragen, die regelmässigen Gehälter für die Samurai und der Haarknoten (jap. „chonmage“) genauso wie die anderen Symbole einer feudalistischen Autokratie in die Geschichtsbücher. Einhergehend mit diesem gesellschaftlichen Umbruch verzeichneten die traditionellen japanischen Kampfkünste (wie das „kenjutsu“ („Kunst des Schwertes“) und das „jūjutsu“ („Kunst der Sanftheit“), das Karate kannte man auf Japan noch nicht, zunächst einen starken Rückgang.
Einige Jahre später wurde man aber wieder auf sie aufmerksam und als eine der ersten öffentlichen Organe begann die Polizei zunächst ab dem Jahre 1879 das kenjutsu und später auch das jūjutsu zu fördern. Es wurden Übungsorte errichtet, in die Schwertkunst ein Gradierungssystem nach Rängen (jap. „kyu“) eingeführt und Wettkämpfe abgehalten. Später kam es auch zu einer schulübergreifenden Festlegung von Formen, um eine einheitliche Ausübung gewährleisten zu können.
Ein Mann dem durch sein Wirken eine besondere Bedeutung für die Wiederbelebung und vor allem für die weitere Entwicklung der Kampfkünste in Japan zukommt, war Kanō Jigorō. Er nannte sein bis 1882 aus mehreren Schulen des jūjutsu geschaffenes System „Weg der Sanftheit“ auf japanisch „jūdō“. Seine Zielsetzungen waren die „Kultivierung des Herzens“ („shūshin“), „Leibeserziehung“ („taiiku“) und „Wettkampf“ („shōbu“). Kanōs inhaltliche Vorstellungen wie das Graduierungssystem nach kyu („Rängen“) und dan („Stufen“), Übungsmethoden und Gewichtung der Ausbildung auf die erzieherischen Werte fanden breite Zustimmung und zeigen sich bis heute in den Kampfkunstwegen. Seinem Vorbild folgend, kam es mit der Zeit auch zur allgemeinen Übernahme und Verbreitung des Schrifteichens „dō“ („Weg“) in die Bezeichnung auch anderer Kampfkünste.

Das Interesse an den traditionellen Kampfkünsten wuchs aber auch mit der Zunahme des Nationalismus sowie den militärischen Aktionen gegen das Ausland (z.B. dem Krieg gegen China 1894/95). 1895 wurde in Japan ein Dachorganisation für Kampfkünste gegründet, die „Grossjapanischen Gesellschaft für Kampfkunsttugenden“ („Dai Nihon Butokukai“) und man führte die Bezeichnung „budō“ („Weg der Kampfkünste“) ein.

Ryūkyū Kempo Karate-jutsu

Okinawa wurde 1875 offiziell zu einer japanischen Präfektur erklärt. Während einer Musterung junger Männer für den Wehrdienst 1890, wurde der Kommissar für Erziehung in der Präfektur Okinawa wegen ihrer besonders guten körperlichen Verfassung auf Hanashiro Chomo und Yabu Kentsu aufmerksam, die darauf angesprochen angeben im Ryukyu kempo karate-jutsu ausgebildet worden zu sein. Weil die Möglichkeit bestand, dass diese wenig bekannte Okinawa Kampkunst die Wirksamkeit des japanischen Militärs noch ausbauen könnte, wie dies bereits Kendo und Judo taten, begann man den potentiellen Wert dieses kempo karate-jutsu genauer zu studieren. Wegen mangelnder Organisation, unpraktischen Trainingsmethoden und der langen Zeit die es benötigte er zu erlernen liess das Militär diese Idee aber wieder fallen.
Um die Jahrhundertwende machte sich, angeführt von Itosu Anko, eine Gruppe Okinawa Karate Enthusiasten für die Einführung dieser Disziplin in das Schulsystem der Insel stark. Diese Modernisierung des Karate-jutsu führte zu einer radikalen Veränderung der Praktizierung. Viele Techniken die als zu gefährlich für Schulkinder angesehen wurden, entfernte man und der Schwerpunkt verlagerte sich von der Selbstverteidigung in Richtung körperliche Fitness. Die Katas mit den vielen versteckten Selbstverteidigungstechniken wurden zwar intensiv geübt, aber die Anwendung dieser Techniken (jap. „bunkai“) wurde stark vernachlässigt. Besonders Gichin Funakoshi tat sich bei dieser Reform hervor, indem er auf den Grundlagen des Shorin Ryū (oder „Shuri-te“ nach der Ursprungsstadt Shuri) begann das Karate zu systematisieren. Funakoshi verstand das Karate neben der reinen körperlichen Ertüchtigung auch als Mittel zur Charakterbildung.

Japanisierung

In den Jahren 1906 bis 1915 bereiste Funakoshi mit einigen seiner besten Schüler ganz Okinawa und hielt öffentliche Karate Vorführungen. Einer dieser Aufführungen wohnte der damalige Kronprinz Hirohito bei, der darauf Funakoshi einlud bei einer nationalen Budō Veranstaltung in Tōkyō sein Karate in einem Vortrag zu präsentieren. Dieser Vortrag stiess auf reges Interesse und Funakoshi wurde eingeladen seine Kunst am Kodokan („die Schule für das Lernen des Weges“), der Jūdō Schule von Kanō, vorzuführen. Der begeisterte Kanō überredete Funakoshi am Kodokan zu bleiben und zu lehren. Zwei Jahre später, 1924 gründete Funakoshi sein erstes Dōjō.

Im Gegensatz zum Kendō und Jūdō fehlten im Karate-jutsu eine formelle Übungsuniform und es hatte keine Wettkampfform. Sein Lehrplan unterschied sich von Lehrmeister zu Lehrmeister stark und es gab keinen organisierten Standard um den unterschiedlichen Stand des Könnens zu bestimmen. Aus japanischer Sicht, war das Ryūkyū Kempo Karate-jutsu unkultiviert und ohne jegliche Organisation oder Einheitlichkeit, kurz gesagt es war nicht japanisch.
Die ultra-traditionellen Budō Cliquen des Butokukai waren tief über die öffentlich ausgetragenen Feindseligkeiten zwischen rivalisierenden Karate Meistern besorgt und dies, sowie die bereits oben genannten Mängel, also der unorganisierte Lehrplane, das Fehlen sozialen Anstandes und das Fehlen einer formellen Kleidung, zwangen die Butokukai die für das Wachstum des Karate-jutsu als sehr schädlich angesehen Situation zu ändern. Damit das Karate-jutsu auf den Hauptinseln Japans akzeptiert werden konnte, forderte die Butokukai die Entwicklung und Einführung eines einheitlichen Lehrplanes, die Einführung einer Standard Übungskleidung (das „karate gi“), einen einheitlichen Standard um die Stufen des Könnens zu beurteilen, die Einführung von Jigoro Kanōs „Dan-Kyu“ Systems und die Entwicklung einer sicheren Wettkampfform, mit welcher die Teilnehmer ihre Fähigkeiten und ihren Spirit testen können. D.h. das Ziel war, wie bereits beim Kendō und Jūdō, universelle Standards für das Karate-jutsu einzuführen.

Das Kara im Karate

Die ursprünglichen Zeichen für Karate bedeuteten „chinesische Hand“. Das erste Zeichen (唐) , welches entweder als „tou“ oder „kara“ ausgesprochen werden kann, stand für Chinas Tang Dynastie (618-907) und repräsentierte später das Zeichen für China an sich. Das zweite Zeichen (手), bedeutet „Hand“ und kann entweder als „te“ oder „di“ ausgesprochen werden.
Im Zeichen des starken Nationalismus zusammen mit der anti-chinesischen Stimmung im Japan der zwanziger und dreissiger Jahre änderte die Karate-jutsu Bewegung das Zeichen welches China symbolisierte durch eines das mehr ihre Disziplin repräsentierte. Das neue Zeichen für „kara“ (空) bedeutet „leer“ und kann auch als „kū“ („die Leere“) oder als „sora“ („der Himmel“) ausgesprochen werden. Das Zeichen „kara“ weist also nicht nur auf die Waffenlosigkeit hin, sondern es spiegelt vielmehr einen tieferen, auch für die anderen Kampfkünste Japans zentralen Begriff „der (inneren) Leere“ wieder. Das frühste bekannte Dokument, dass dieses neue Zeichen benutzte ist „Karate Kumite“ von Hanashiro Chomo aus dem Jahre 1905[2][3]. Weite Verbreitung und Akzeptanz fand die neue Schreibweise aber erst nach der Verwendung durch Funakoshi Gichin, der diese Zeichenänderung in seinem „Karate Dō Kyōhan“[4] folgendermassen beschreibt:
Stellen Sie sich vor, wie deutlich ein Spiegel ein Objekt reflektieren kann, wenn es frei von Unschärfe und Nebel ist. Stellen Sie sich vor, wie Schall ungehindert durch eine Schlucht wandern kann, wenn diese leer und nicht behindert ist. In ähnlicher Weise muss ein „kara-te“ Schüler sein innerstes Herz leeren, indem er Eigenwillen und streunende Gedanken loswird, um nur das zu meistern, was ihm beigebracht wurde.“ (von Autor aus dem Englischen übersetzt )

Zwei Jahre später ersetzte Funakoshi auch die Endung „-jutsu“ auf den modernen Ausdruck „dō“ wie in jūdō und kendō[5].
Die Endung „-dō“ (道) bedeutet „Weg“ oder „Pfad“. Das selbe Zeichen spricht man im Chinesischen (Mandarin) als „dao“ (oder „tao“) aus und wird vor allem für den „Daoismus“ (oder auch „Taoismus“), der Philosophie von Lao Zi (Lahotse) benutzt. Im philosophischen Kontext der Selbstverteidigungstradition, wurde aus dem Dō ein Lebensweg, ein Weg den man geht, wenn man die Perfektion im Karate anstrebt. Das Zeichen „jutsu“ (術) in Karate-jutsu bedeutet „Kunst“ oder „Wissenschaft“. Die neuen Zeichen waren für Japan also auch Ausdruck dafür, dass das unjapanische, zwar effiziente, aber „pöbelhafte“ Karate-jutsu Okinawas die Grenzen eines reinen Kampfsystems überwunden und sich zu einem modernen Budō System gewandelt hatte.
Während der neue Begriff Karate-dō mit den neuen Zeichen in Okinawa bis 1936 nicht offiziell anerkannt wurde, ratifizierte die Dai Nihon Butokukai ihn im Dezember 1933 und signalisierte damit die eigentliche Anerkennung des Karate-dō als modernes japanisches Budō. Die Butokukai glaubte, dass sie mit ihren vorgeschlagenen Verbesserungen eine einzelne geeinigte Koalition unter ihre Federführung bringen könne, wie dies mit dem Kendō und Jūdō der Fall war. Die Entwicklung des Karate-do wurde aber durch das grosse Elend des Zweiten Weltkrieges so stark überschattet, dass eine allgemeine Standardisierung nicht vollständig stattfand und bis zur heutigen Zeit wurden die verschiedene Karatedō Style nie wirklich zusammengebracht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde durch Funakoshis Beziehung zum Ausbildungsministerium Karate als Leibeserziehung und nicht als kriegerische Kunst eingestuft und durfte auch zur Zeit der Besatzung in Japan gelehrt werden. Wie das Jūdō und Kendō genoss Karatedō durch das im Schulsystem geborene Sportformat an wachsender Popularität.

Über Hawaii sowie die amerikanische Besatzung Japans und insbesondere Okinawas fand Karate im Laufe der fünfziger und sechziger Jahre als Sportart zunächst in den USA und dann auch in Europa eine wachsende Verbreitung.

Michel Estermann

Quellen:

[1] Heiko Bittmann: „Karatedô Der Weg der Leeren Hand“ (1999), ISBN: 3-00-004098-6

[2] Patrick McCarthy: „The Bible of Karate Bubishi“ (1995), ISBN: 0-8048-2015-5

[3] Dirk Ludwig: „Okinawa Karate Kata“ (20015), ISBN-13: 978-3831102358

[4] Gichin Funakoshi (Translated by Harumi Suzuki-Johnston): „Karate Dō Kyōhan“ (2005), ISBN-13: 978-1534962705

[5] Donn F. Draeger: „Modern Bujutsu & Budo“ (1975), ISBN: 0-8348-0099-3

[6] wikipedia.de Artikel